Ok - auch das politische Leben jenseits von Berlin ist spannend. Vor allem, weil hier eben auch die Weichen dafür gestellt werden, wie wir in Thüringen leben wollen.
Wie steht’s um die Frauenhäuser und Frauenschutzeinrichtungen in Thüringen? Das ist eine Frage mit der sich der Gleichstellungsausschuss befasst. Der tagt heute. Ich bin Mitglied (zusammen mit Anke Wirsing vom BSW) und wir werden Ministerin Katharina Schenk zu Besuch haben. Hintergrund ist, dass die Partei DIE LINKE gefragt hat, wie es denn mit den Frauenhäusern im Land steht, ob genügend Geld für die bestehenden Einrichtungen vorhanden ist, ob es möglich ist, weitere Schutzplätze zu schaffen und ob das Geld auch noch reicht, um in den Landkreisen, die im Moment noch keine Schutzeinrichtungen für Frauen haben, welche zu errichten.
Die Frage beschäftigt selbstverständlich auch uns vom BSW, weil wir gern wissen möchten, wie es um die Umsetzung des entsprechenden Gesetzes bestellt ist. Das hat einen herrlich sperrigen Namen „Chancengleichheitsfördergesetz“. Ist aber von großer Bedeutung für die Frauen, denen es dienen und helfen soll. Hier ein kleiner Überblick
Mehr Schutz für Frauen in Thüringen: Was tut das neue Gleichstellungsgesetz?
Es gibt Dinge im Leben, die sind so offensichtlich, dass man meinen könnte, sie würden sich von selbst regeln. Zum Beispiel, dass Frauen, die vor Gewalt fliehen, einen sicheren Ort brauchen. Doch wie so oft in der Welt der Menschen, ist das Offensichtliche manchmal das am schwersten zu Verwirklichende. In Thüringen, einem Land, dessen Herz zwar grün, dessen Verwaltungsstruktur aber so manchmal so kompliziert ist, wie ein schlecht geschriebenes Theaterstück, gibt es Frauenhäuser und Beratungsstellen. Aber – und hier kommt das große „Aber“ – es gibt nicht genug davon.
Das neue Chancengleichheitsfördergesetz, das seit dem 1. Januar 2025 in Kraft ist, soll das ändern. Es ist ein Gesetz, das so nötig ist wie ein Regenschirm in einem Gewitter, und doch fragt man sich, warum es so lange gedauert hat, bis es kam.
Frauenhäuser: Ein Ort, der eigentlich überflüssig sein sollte
Frauenhäuser sind wie die Notausgänge im Gebäude des menschlichen Alltagslebens, das grausamer sein kann, als vielen von uns bewusst ist.
Frauenhäuser existieren, weil etwas schiefgelaufen ist, und sie sind da, um zu helfen. In Thüringen gibt es einige davon, aber sie sind oft überfüllt, unterfinanziert und manchmal so schwer zu erreichen wie der Gipfel eines Berges ohne Wanderkarte. Vor allem in ländlichen Regionen, wo die Wege lang und die Busse selten sind, wird der Weg zum Schutz zu einer Odyssee.
Die Finanzierung dieser Häuser ist oft so wackelig wie ein Kartenhaus im Wind. Projektgelder hier, kurzfristige Zuschüsse da – es ist, als würde man ein Haus bauen, ohne sicher zu sein, ob man morgen noch Steine hat. Das neue Gesetz will das ändern. Es verspricht langfristige Finanzierung und mehr Plätze, damit keine Frau mehr vor einer verschlossenen Tür steht.
Beratungsstellen: Die unsichtbaren Helden
Neben den Frauenhäusern gibt es die Beratungsstellen. Sie sind wie die stillen Wächter im Hintergrund, die Frauen helfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Psychosoziale Beratung, Hilfe bei der Wohnungssuche, Unterstützung bei rechtlichen Schritten – sie tun alles, was nötig ist. Doch auch hier fehlt es an Geld und Personal. Es ist, als würde man versuchen, ein Feuer mit einem Teelöffel Wasser zu löschen.

Das neue Gesetz will diese Stellen stärken und ausbauen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber wie so oft bei Gesetzen, kommt es darauf an, was daraus gemacht wird.
Was ändert sich durch das Gleichstellungsgesetz?
Das Chancengleichheitsfördergesetz hat den Schutz von Frauen vor Gewalt ganz klar im Blick. Hier sind die wichtigsten Punkte:
Mehr Plätze in Frauenhäusern: Die Kapazitäten sollen ausgebaut werden, damit keine Frau abgewiesen werden muss.
Langfristige Finanzierung: Frauenhäuser und Beratungsstellen sollen verlässliche Mittel bekommen, um ihre Arbeit langfristig zu sichern.
Bessere Vernetzung: Die Zusammenarbeit zwischen Frauenhäusern, Beratungsstellen und Behörden soll verbessert werden, um Betroffene schneller und effektiver zu unterstützen.
Prävention und Aufklärung: Es sollen Kampagnen und Projekte gefördert werden, die Gewalt gegen Frauen verhindern und das Bewusstsein für das Thema schärfen.
Warum ist das wichtig?
Die Zahlen sprechen für sich: In Thüringen steigen die gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt seit Jahren. Jede betroffene Frau braucht Schutz und Unterstützung – und zwar schnell. Doch ohne ausreichende Finanzierung und Kapazitäten ist das oft nicht möglich.
Das neue Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um diese Lücken zu schließen. Es geht darum, Frauen in Notsituationen nicht allein zu lassen und ihnen eine echte Chance auf ein gewaltfreies Leben zu geben.
Warum geht mich als Mann dieses Thema überhaupt etwas an. Ich könnte mich doch auch zurücklehnen und sagen:
„Das Thema Gewalt gegen Frauen betrifft mich nicht.“
Doch das ist ein Trugschluss. Wir sind alle Architekten der Gesellschaft, in der wir leben – und damit auch verantwortlich für das, was in ihr geschieht. Das neue Chancengleichheitsfördergesetz in Thüringen ist nicht nur ein Gesetz für Frauen, es ist auch eine Einladung an Männer, sich zu hinterfragen, zu wachsen und Verantwortung zu übernehmen.
Toxische vs. gesunde Männlichkeit
Toxische Männlichkeit ist wie ein alter, rostiger Käfig. Sie definiert Stärke als Dominanz, Emotionen als Schwäche und Gewalt als Machtmittel. Doch diese Vorstellung von Männlichkeit ist nicht nur schädlich für Frauen – sie ist auch schädlich für Männer selbst. Sie engt ein, isoliert und verhindert echtes Wachstum.
Gesunde Männlichkeit dagegen ist wie ein offenes Fenster. Sie erlaubt es uns, stark zu sein, ohne zu unterdrücken, verletzlich zu sein, ohne uns schwach zu fühlen, und Verantwortung zu übernehmen, ohne Macht zu missbrauchen. Sie ist die Grundlage für respektvolle Beziehungen und eine gerechtere Gesellschaft.
Väter als Vorbilder
Gerade Väter haben eine immense Verantwortung – nicht nur gegenüber ihren Töchtern, sondern auch gegenüber ihren Söhnen. Wie wir als Männer handeln, wie wir über Frauen sprechen, wie wir Konflikte lösen und wie wir mit unseren eigenen Emotionen umgehen, all das prägt die nächste Generation.
Ein Vater, der Respekt vor Frauen lebt, der seine Kinder ermutigt, über Gefühle zu sprechen, und der zeigt, dass Stärke nicht in Gewalt, sondern in Empathie und Verantwortung liegt, ist ein Vorbild. Er baut Brücken, statt Mauern. Und er zeigt seinen Söhnen, dass Männlichkeit nicht darin besteht, andere zu beherrschen, sondern darin, sich selbst zu beherrschen – und für andere da zu sein.
Wir sind alle Architekten
Gesetze wie das Chancengleichheitsfördergesetz sind wichtig, aber sie allein reichen nicht aus. Eine gerechtere Gesellschaft beginnt bei jedem Einzelnen von uns. Sie beginnt damit, wie wir uns selbst reflektieren, wie wir mit unseren Partnern, Kollegen und Freunden umgehen, und wie wir unsere Söhne und Töchter erziehen.
Als Männer haben wir die Wahl: Wir können Teil des Problems bleiben – oder Teil der Lösung werden. Wir können schweigen, wenn wir Sexismus oder Gewalt begegnen – oder wir können dagegen aufstehen. Wir können alte Rollenbilder weitergeben – oder wir können neue Wege gehen.
Am Ende geht es nicht darum, wer stärker oder lauter ist. Es geht darum, wer verantwortungsbewusst genug ist, um die Welt ein Stück besser zu machen. Und das können wir alle sein – wenn wir es wirklich wollen.
PS: Gern möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass das Chancengleichheitsfördergesetz in Thüringen, das seit dem 1. Januar 2025 in Kraft ist, sehr viel mehr Ziele hat, als nur die Arbeit der Frauenhäuser zu unterstützen.
Es hat vor allem das Ziel, strukturelle Benachteiligungen von Frauen abzubauen und echte Gleichstellung in verschiedenen Lebensbereichen zu fördern. Konkret geht es um folgende Schwerpunkte:
Berufliche Gleichstellung:
Das Gesetz fördert gezielt Frauen in Führungspositionen, sowohl in der Wirtschaft als auch in öffentlichen Einrichtungen.
Es gibt Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, z. B. durch den Ausbau von Kinderbetreuung und flexiblen Arbeitszeitmodellen.
Frauen in MINT-Berufen (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und anderen männerdominierten Branchen werden gezielt unterstützt, z. B. durch Stipendien oder Mentoring-Programme.
Bildung und Ausbildung:
Es wird mehr Wert auf geschlechtergerechte Berufsorientierung gelegt, um alte Rollenklischees aufzubrechen.
Mädchen und Frauen werden in Fächern und Berufen gefördert, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind.
Gesundheit:
Die gesundheitliche Versorgung von Frauen soll verbessert werden, z. B. durch den Ausbau frauenspezifischer Gesundheitsangebote.
Es wird mehr Aufmerksamkeit auf geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin gelegt, um eine bessere Behandlung zu gewährleisten.
Gewaltschutz:
Hilfsangebote für Frauen, die von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, werden ausgebaut. Dazu gehören z. B. Frauenhäuser und Beratungsstellen.
Politische Teilhabe:
Das Gesetz fördert die politische Partizipation von Frauen, z. B. durch Quotenregelungen oder Mentoring-Programme, um mehr Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen.
Gesellschaftliche Sensibilisierung:
Es gibt Kampagnen und Projekte, die Rollenklischees abbauen und das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit stärken sollen.
Ziel des Gesetzes ist es, langfristig strukturelle Hürden abzubauen und echte Chancengleichheit zu schaffen – nicht nur auf dem Papier, sondern im echten Leben. Es geht darum, Frauen in allen Bereichen gleiche Möglichkeiten zu geben, sei es im Job, in der Bildung oder in der Politik.
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