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Hochrüstung mit Aussicht auf Wahnsinn

  • Autorenbild: Steffen Quasebarth
    Steffen Quasebarth
  • vor 4 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit



Deutschland auf dem Weg zur stärksten Armee Europas – oder wie man sich mit Panzern den Weg in die Vergangenheit pflastert.


Prolog

In einem kleinen, mächtig ambitionierten Land, irgendwo zwischen Alpen, Elbe und Exportüberschuss, saß ein Mann namens Merz auf einem sehr großen Stuhl und sprach: „Wir machen jetzt Krieg. Also nicht wirklich – aber vielleicht bald. Und dafür brauchen wir sehr viele glänzende Dinge, die laut Bumm machen.“

Und die Menge – müde von Inflation, überarbeiteten Heizungen und zu langen Kindergarten-Schließungen – murmelte: „Na gut, wenn's sein muss.“


Noch ein Prolog


In einem Land, in dem man für alles eine App hat außer für funktionierende Züge, entschied man sich, die Bundeswehr zur „stärksten konventionellen Armee Europas“ zu machen. Nicht etwa, weil jemand angegriffen hätte – sondern weil jemand irgendwo irgendwann vielleicht mal auf die Idee kommen könnte.


Der Große Plan


„Fünf Prozent vom BIP“, sprach Außenminister Wadephul, ein Mann mit dem Charme eines Tresors und der Empathie eines Preiskalkulators. Das sei, so seine Logik, „absolut notwendig“, um nicht nur Europa zu retten, sondern gleich auch noch den gesunden Menschenverstand zu erschlagen.


Fünf Prozent vom BIP – das sind rund 215 Milliarden Euro. Ein Betrag, von dem man ganze Galaxien mit Schulen, Brücken und Schienen pflastern könnte, wenn man wollte, vor allem, wenn man nix weiter hat, als Menschen, die auszubilden das Land aus dem Schlamassel ziehen könnte.

Aber 215 Milliarden Euro sind eben auch ein Betrag, der eine Armee schaffen könnte, die selbst Napoleon neidisch gemacht hätte, wären da nicht die Erfahrungen mit ambitionierten Großprojekten, die Deutschland in den vergangenen Jahren in die weltweite Top-Ten der Steuergeld-Vernichter-Nationen katapultiert hätte. Grüße gehen raus an den BER, Stuttgart21 die JVA Zwickau, auch wenn das nur Peanuts waren, im Vergleich, was wir in den nächsten Jahren gepflegt in den Sand setzen wollen. Und das wird passieren. Darauf mein Wort!


„Die stärkste Armee Europas“ (aka: Das neue Yoga)


Der neue Volkssport heißt also nicht mehr Joggen oder Achtsamkeit, sondern „Verteidigungsfähigkeit“. Die Regierung behauptet, das diene der Sicherheit. Kritiker behaupten, das diene eher der Wachstumsrate von Rheinmetall. Und irgendwo zwischen beiden sitzt ein Sozialarbeiter in Gera und fragt sich, wie man mit 1.400 Euro Rente einen Notvorrat anlegen soll.


Denn ja, „Resilienz“ ist das neue Zauberwort. Früher war das mal ein Begriff aus der Psychologie. Heute bedeutet es, dass der Staat davon ausgeht, die Bevölkerung solle sich bitte darauf vorbereiten, demnächst im eigenen Keller Kartoffeln einzukochen, während draußen die Sirenen heulen.


Die Wiederauferstehung des militärisch-industriellen Komplexes


Während die Autoindustrie – lange der heilige Gral deutscher Ingenieurskunst – stöhnt und krächzt wie ein alter Diesel im Feinstaubregen, erlebt die Rüstungsindustrie eine Blütezeit, wie man sie sonst nur aus sehr gut verkauften Apokalypsen kennt.

Werkhallen, in denen einst Stoßstangen montiert wurden, sollen jetzt Marschflugkörper fabrizieren. Die Deutsche Bank rechnet nüchtern vor, dass Panzer in Serie das bessere Geschäftsmodell seien. Und irgendwo in einem VW-Werk überlegt sich ein Manager, wie sich ein Maschinengewehr 42 in die Mittelkonsole integrieren lässt.


Der Bürger als Rohstoff


Doch nicht nur Fabriken werden militarisiert – auch Menschen. Die Rede ist von „zivilgesellschaftlicher Resilienz“, was so viel heißt wie: „Du bist jetzt Teil der Kriegsplanung, ob du willst oder nicht.“ Krankenhäuser üben Notfallroutinen, Schulen sollen „wehrfähige Haltung“ entwickeln und selbst der örtliche Yogakurs könnte demnächst „Tarnen und Täuschen“ anbieten.

Und in einer Zeitung von Rang und Namen schrieb jüngst ein Mann in feinstem Kanzleideutsch, dass „kollektiver Opfermut“ die „kardinale Ressource jeder kriegerischen Verteidigung“ sei. Was vermutlich bedeutet: Wer kein Held ist, ist ein Kostenfaktor.

Das haben wir irgendwie, irgendwo, irgendwann schon mal gehört.


Aber was sagt der gesunde Menschenverstand?


Er sagt: „Entschuldigung, aber habt ihr den Verstand verloren?“ – wird jedoch sofort vom neuen „Medienkompetenzzentrum Verteidigung“ wegen Defätismus gemeldet.

Denn: 50 Prozent der Deutschen wollen, laut Umfrage, dass wir „kriegstüchtig“ werden. 29 Prozent sagen sogar: „Ich würde kämpfen.“ Der Rest hat vermutlich nicht verstanden, worum es geht – oder bereits den Keller mit Konserven gefüllt. Oder er hat einfach keinen Fernseher.


Ein Fazit mit Keksdose


Was hier entsteht, ist kein Verteidigungsbündnis, sondern eine Erzählung. Eine Heldensaga, geschrieben von Politikern mit Karriereplänen und Beratern mit Aktienpaketen. Eine Geschichte, in der Aufrüstung nicht Notwendigkeit ist, sondern preußische Sekundärtugend, und in der Fragen nach Diplomatie, Abrüstung oder gar Frieden wirken wie nostalgisches Gefasel von Omas Plattenspieler.


Aber Geschichten können auch kippen. Und manchmal, ganz manchmal, genügt ein einziger Bürger mit einer zu lauten Stimme, um den Chor der Kriegsrhetorik aus dem Takt zu bringen.


Also, lieber Leser, bevor du deine Kinder zu Tarnübungen schickst und dein Fahrrad gegen ein Wehr-Bike tauschst – hol tief Luft. Denk nach. Und frag dich:


Wer braucht diese Aufrüstung wirklich – und warum?


Oder wie meine Oma sagen würde:

„Wenn jemand sagt, das ist zu deinem Schutz – dann frag’ „Schutz wovor genau?“

 
 
 

2 Comments

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-23
vor einem Tag

Leider wird die CDU-BSW Einheitspartei hieran nichts ändern und fördert die beschriebene Dynamik. Versorgungsposten über alles :) wichtige Maßnahmen oder gar Reformen mit Bezug auf das Soziale: leider Fehlanzeige!

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Guest
vor 3 Tagen
Rated 5 out of 5 stars.

Richtig, wichtig und rethorisch fein.


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