Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf und erfahren, dass Sie kriegstüchtig sein sollen. Nicht sportlich, nicht geistig, sondern eben kriegstüchtig. Klingt absurd? Ist aber genau das, was die politische Klasse dieses Landes inzwischen als Zukunftsvision verkauft.
Bis 2029 soll Deutschland „kriegstüchtig“ sein, verkündet der Verteidigungsminister, als wäre das ein innovatives Start-up-Ziel.
Ich frage mich: Wer kommt auf so etwas?

Dabei gäbe es genug andere „-tüchtigkeiten“, die dieses Land dringend bräuchte: bildungstüchtig, gesundheitstüchtig oder schlicht demokratietüchtig. Doch nein, in einem Land, in dem Schlaglöcher schneller wachsen als das Bruttoinlandsprodukt, hält man es für eine gute Idee, Hunderte Milliarden in Rüstung zu stecken. Das Volk, so versichern uns die staatstragenden Medien, fände das mehrheitlich gut. Warum auch nicht? Schließlich wird es täglich mit Nachrichten gefüttert, die suggerieren, dass hinter jeder osteuropäischen Baumgruppe ein russischer Soldat lauert.
Sahra Wagenknecht sieht das – wenig überraschend – anders. Und ich muss sagen, ich stimme ihr in vielen Punkten zu. Sie argumentiert, dass sich Sicherheit nicht durch Waffen, sondern durch Diplomatie herstellen lässt. Ihre Devise: mehr Reden, weniger Rüsten. Denn wer Frieden will, sollte nicht Waffen liefern, sondern Gespräche ermöglichen. Eine Haltung, die in der gegenwärtigen medialen Landschaft fast schon als radikal gilt.
Nun ist Wagenknecht keineswegs eine naive Pazifistin. Sie weiß um die Realitäten internationaler Konflikte. Doch sie stellt unbequeme Fragen: Wer profitiert von dieser Aufrüstung? Wer verdient an diesem Krieg? Und warum werden Friedensverhandlungen als realitätsfern abgetan, während Waffenlieferungen als einzig gangbare Lösung gelten? Fragen, auf die es in den Talkshows dieser Republik selten plausible Antworten gibt. Ich finde, das allein sollte uns schon zu denken geben.
Doch während die politische Elite über den nächsten Panzer-Deal verhandelt, bröckelt im eigenen Land die Infrastruktur. Während für Kriegskassen Milliarden bereitstehen, fehlen sie für Schulen, Krankenhäuser und Renten. In Thüringen etwa plädiert das Bündnis Sahra Wagenknecht für eine konsequente Friedenspolitik – eine Position, die in Zeiten militaristischer Dauerpropaganda fast schon als revolutionär erscheint.
Ich frage mich: Wann ist eigentlich Friedenspolitik zu einem Randthema geworden? Derweil könnte man meinen, Deutschland stünde kurz vor der Mobilmachung. Kriegsrhetorik dominiert die Schlagzeilen, Politiker überbieten sich mit markigen Worten, und wer es wagt, über Verhandlungen nachzudenken, wird schnell als „Russlandversteher“ diffamiert.
Doch die Geschichte lehrt: Kriege enden nie auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch. Die Frage ist nur, wie viele Tote es bis dahin noch braucht.
Vielleicht ist es an der Zeit, eine neue „Tüchtigkeit“ zu entwickeln: friedenstüchtig. Ein Konzept, das weniger Bomben und mehr Diplomatie vorsieht. Ich denke, das klingt vernünftig. Ist es auch.
Nur leider nicht populär.
Noch nicht.
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