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Ostwache – wenn das Unvorstellbare normal wird

  • Autorenbild: Steffen Quasebarth
    Steffen Quasebarth
  • 16. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
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Die Drohne flog über Polen. Sie war kein Mensch, kein Bekenntnis, kein Raketenwerfer. Sie war nicht einmal besonders zielsicher. Aber sie traf. Und zwar die empfindlichste Stelle der NATO – ihr Geltungsbedürfnis. Badabumm!


Wohlgemerkt eine Drohne. Oder zwei, oder mehr. Wer weiß das schon genau. Ausser unser deutscher Kriegsmini…, Verzeihung Verteidigungsminister Pistorius. Der scheint ja ohnehin viel zu wissen, als wir alle zusammen. Aber auf jeden Fall war es eben nur eine Drohne.

Kein Angriff, kein Krieg, kein Schusswechsel. Dafür aber eine schicke Gelegenheit. Und die ließ man sich nicht entgehen. Es dauerte keine 48 Stunden, bis „Eastern Sentry“ aus dem Boden gestampft war. Der Name klingt wie ein Superheld mit Helmfrisur und NATO-Vertrag. Badabumm!


Die Ostwache. Sie soll wachen. Vor wem? Vor Drohnen? Vor Russland? Vor der eigenen Langeweile? Das bleibt unklar. Vielleicht wacht sie auch nur über das Narrativ, das da lautet:


Wir sind bedroht, also dürfen wir drohen.


Na dann kann’s ja los gehen:

Denn wir brauchen keine Argumente mehr, wenn wir eine Mission haben.

Wir brauchen keine Beweise mehr, wenn wir „eine gemeinsame Wertebasis“ haben, die wir an die Grenze schicken können.

Unsere Wertebasis - das sind Eurofighter, F-16 und Rafale – also genau dem, was man braucht, um aus ein paar Drohnen eine weltpolitische Choreographie zu machen.


Ich finde das bemerkenswert: Wir wollen den  Krieg verhindern, beginnen aber schon mal mit der Stationierung. Kommt mir bekannt vor: In einem Theaterstück würde man sagen: Die Bühne wird gebaut. Die Requisiten stehen. Fehlt nur noch der dramatische Vorfall.


Und den wird es geben. Dafür sorgt das Skript. (War ja früher auch kein Problem).


Denn dieser Einsatz ist unbefristet. Ein schönes Wort. Es sagt: Wir bleiben, bis etwas passiert. Oder bis wir es herbeiführen.

So sieht Verteidigung im NATO-Style aus.

Denn die beste Verteidigung ist bekanntlich der Angriff – oder zumindest die ständige Bereitschaft zum Getöse.


Aber ich will nicht unfair sein. Weder Polen noch die NATO können schließlich etwas dafür, dass die Lage gerade ist, wie sie ist. Sie haben das Drehbuch ja nicht geschrieben – sie spielen nur mit.

Wer das Drehbuch schreibt, wissen wir noch nicht.

Aber wir wissen, wofür es geschrieben wurde. Oder anders gesagt: Für wen.

Für den lustigen Mann in Washington, der dort sitzt und Zölle verteilt oder auch nicht und Frieden machen will, oder auch nicht und auch nicht recht weiß, Weltkriegsvermeider oder Wiederwahlkämpfer sein soll.


Weshalb „Eastern Sentry“ auch nicht für Russland gedacht ist. Sondern für ihn. Die Show läuft, Trump soll zuschauen – und sich schuldig fühlen, wenn er nicht mitspielt.


Das gibt uns dann am Ende doch noch einen Hinweis auf die Drehbuchautoren - aber dazu später mehr.


Im Moment fällt auf, dass der polnische Außenminister Sikorski, ausspricht, was jeder weiß, aber kaum einer zu sagen wagt:


„Wenn jemand gegen Russland kämpfen will, kann er sofort damit beginnen. Aber ich sehe niemanden, der dazu bereit ist.“


Ein selten ehrlicher Satz in einem ansonsten ziemlich unehrlichen Krieg.

Denn Krieg ist das Wort, das man vermeidet, während man sich darauf vorbereitet.


In Warschau befürwortet man die Stationierung ausländischer Truppen – „rein vorsorglich“.

In Brüssel spricht man von „Sicherheitsarchitektur“.

Und in Berlin hat man gehofft, dass die Drohnen-Debatte bitte erst nach dem Wahltag in NRW eskaliert.

Hat ja funktioniert.

Bisher.


Derweil erklärt NATO-Chef Mark Rutte, man solle sich von der Bezeichnung „Ostflanke“ lösen, denn:

„Wir alle leben an der Ostflanke.“


Schau an: Eine neue Erleuchtung in der Geografie. Die Erde ist rund, aber die Gefahr ist überall. Jeder Ort ein Frontgebiet, jeder Bürger ein potenzieller Kollateralschaden. Badabumm!


Und so geht die Übung weiter. Die Sache mit den Drohnen verschwand aus den Nachrichten, wie eine lästige Erinnerung an die Wirklichkeit. Zurück bleibt eine Flotte, ein Bündnis, eine Mission. Und eine absurde Frage:

Wie viel Eskalation braucht es, um Frieden zu sichern?





 
 
 

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